Zur Geschichte und Problematik der Autobahn A 44

Eine Zusammenfassung
aus 31 Jahren Bürgerinitiative gegen die A44 :

 

Die A 44 wird auf absehbare Zeit nur eine regionale Verkehrsbedeutung haben. Die Ent­lastung von Heiligenhaus und Homberg durch die A 44 wäre mit 20 Prozent bis ma­ximal 1/3 des bestehenden Verkehrs begrenzt. Zu dieser regionalen Verkehrsbe­deu­tung wäre die Schaffung einer zügig zu befahrenden Straßenverbindung von Velbert nach Ratingen durch Ausbau der vorhandenen Landstraßen an den beiden Engpässen aus­reichend, zumal wenn ergänzend auch die Niederbergbahn reaktiviert werden würde (1). 

Als Bau einer Autobahn  hätte eine andere Variante, die von Ratingen entwickelte Trasse II b, unter Umweltgesichtspunkten erhebliche Vorteile gehabt. Das Planfeststellungsverfahren zog sich wegen mehrerer planerischen Unzulänglichkeiten  in die Länge, bis 2007 der Planfest­stel­lungs­beschluss erfolgte. Es wurden in mehreren Klagen viele Gründe gegen den Bau vor­ge­bracht, von denen einige (Trinkwasserschutz, Geologie)  den Bau der A 44 weiterhin  .vor bisher nicht gelöste Probleme stellen.   Durchschlagend waren die Gefährdung der Lebensstätte des Steinkauzes – dies führte während der mündlichen Verhandlung zu einer vorgezogenen Ausgleichs­maß­nahme – und die Existenzgefährdung einer Landwirtes durch Ausgleichsmaßnahmen. Nur die Klage dieses Landwirtes war aus diesem Grund erfolgreich (2).

Kurz vor der Landtagswahl 2010 erfolgte symbolisch der erste Spatenstich (3).

Obwohl das OVG Münster eine Zweiteilung der Strecke Velbert – Ratingen verworfen hatte, wurde bisher nur im Osten gebaut. Auch dort stieß man auf unerwartete Schwierigkeiten, wie z.B. auf  Kalk im Untergrund beim Bau der Laubecker Brücke, was aufwendigste Gründungs­arbeiten  zur Folge hat. Offen ist, inwieweit eine Entwässerung im Bereich der Abfahrt Grü­ner Jäger  westlich der Wasserscheide erfolgen muss/kann. (4).

 Im westlichen Abschnitt wurde zugunsten des siegreichen Klägers die Planung verändert, um dessen Existenzgefährdung zu beseitigen. Die Klage des Naturschutzbundes u.a. mit der Begründung, dies führe zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung des Steinkauzes, wurde abgewiesen. Erfolgreich war die Klage des BUND gegen die Plangenehmigung für ein neues Rückhalte­becken in einem Ohr des Autobahnkreuzes Ratingen-Ost. Derzeit läuft ein Planfest­stellungs­verfahren für einen neuen Standort außerhalb der Wasserschutzzone II. Die Natur­schutzver­bän­de haben Bedenken gegen die Planung vorgebracht. Abgeschlossen sind Probebohrungen zur Untersuchung des Untergrundes im westlichen Abschnitt mit wohl kritischen Ergebnissen.  Ausgeschrieben wurde der Bau der Bau der Brücke über die A 3 im Autobahnkreuz Ratingen-Ost (5). 

Die Konzentration auf den östlichen Abschnitt wird dazu führen, dass dieser Teil früher als der westliche Teil fertig gestellt und wahrscheinlich auch unter Verkehr gehen wird. Allein schon aus den zwingenden Bauabläufen kann auch die Beauftragung der DEGES nicht zu einer Beschleunigung der Fertigstellung des westlichen Teils führen, die eine zeitnahe Inbetriebnahme beider Abschnitte glaubhaft machen würde. Ebenso ist die Behauptung, eine Inbetriebnahme allein des östlichen Teilabschnittes werde nur zu minimalen Verkehrszunahmen führen, nicht glaubhaft. Wäre dem so, wäre die Straße sinnlos.  (6).

Die Kosten des Baus haben sich offiziell gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss verdop­pelt. Weitere Kostensteigerungen sind vorprogrammiert. Nach heutigem Kenntnisstand wäre mit dem Bau der A 44 nie begonnen worden (7). 

 

1.Die A 44 wurde als Ost-West-Verbindung von Aachen bis in den damaligen Ostblock geplant. Die Autobahn ist in Teilstücken verwirklicht worden; insbesondere ab Dortmund Richtung Kassel. Nach dem augenblicklichen Planungsstand wird es keine durchgehende A 44 geben. Im Bereich Essen-Hattingen-Bochum sind zwar vereinzelt Teilstücke in einem anderen Zusammenhang vorgesehen bzw. realisiert worden, eine durchgehende A 44 befindet sich nicht in einer Planung.

Zuletzt wurde angestrebt, die A 44 zum Teil einer  Nord – Süd – Verbindung zwischen Gelsenkirchen und Düsseldorf zu machen. Auch dies wird auf absehbare Zeit nicht realisiert werden, da der dazu erforderliche sehr teure Ruhralleetunnel  zur Zeit nicht mehr verfolgt wird.

Aus dem gleichen Grunde scheidet derzeit auch eine weitere verkehrliche Idee aus, nämlich zur Entlastung der A 52 eine weitere Zufahrt vom Ruhrgebiet über die A 44 nach Düsseldorf zu schaffen. Auch dazu wäre der Ruhralleetunnel erforderlich. Der A 44 kommt somit zumindest auf absehbare Zeit nur eine  regionale Bedeutung zu. Ob dafür eine Autobahn erforderlich ist und welche Bedeutung diese tatsächlich hat, gehört mit zu den umstrittenen Fragestellungen.

Genannt wurden und werden meistens als Gründe pro A 44

-   die verkehrliche Entlastung der Innenstädte, insbesondere von Heiligenhaus und auch Homberg.

-   Die bessere wirtschaftliche Andienung  von Velbert an die Rheinschiene

(Bemerkenswert ist, dass Velbert gerade erst beim Ränking der Mittelstandsstädte eine exzellente Verkehrsanbindung auch per Autobahn und auch an den Flughafen  attestiert worden ist).      

Alle verkehrlichen Gutachten auch wieder aus jüngster Zeit zeigen, dass vom Innenstadtverkehr in Heiligenhaus durch die A 44 ca. 20 bis 25 Prozent abgezogen werden. Der Anteil ist nicht höher, weil der überwiegende Verkehr in Heiligenhaus Ziel- und Quell­verkehr sowie Binnenverkehr ist, nicht der verlagerungsfähige Durchgangsverkehr. Hinzu kommt, das Heiligenhaus  schon eine innerörtliche Entlastung gebaut hat, die einen großen Teil des früher auf der Hauptstraße sich befindlichen Verkehrs aufgenommen hat, so dass der Verkehr auf der Hauptstraße merklich zurückgegangen ist. Mehr denn je stellt sich die Frage: Rechtfertigt die Entlastung von Heiligenhaus  die Autobahn mit ihren unbestritten erheblichen Schäden? Zum Vergleich: Unter dem früheren Landesverkehrsminister Zöpel hat es öffent­liche Gelder für eine Umgehungs­straße nur gegeben, wenn dadurch der innerstädtische Ver­kehr um die Hälfte reduziert  wor­den ist. 

Der Verkehr in Homberg auf der L 422 könnte nach dem Durchbau der A 44 um maximal 1/3 reduziert werden. Nicht erfasst werden würde der LKW – Verkehr der Wülfrather Kalkwerke, die, auch vom Straßenbau anerkanntermaßen, weiterhin die gut ausgebaute mautfreie Zufahrt zur A3 über Homberg nehmen werden, statt die steile, für große LKW kaum befahrbare Strecke zur A44-Auffahrt zu wählen.

Velbert hat bereits einen Autobahnanschluss über die A 535, was wahrscheinlich zur guten Einstufung beim Ranking geführt hat.

Als Alternative zur A 44 wurde während des Planungsprozesses die Frage aufgeworfen, ob nicht für den regionalen Verkehr der Ausbau der vorhandenen Landstraßen L 426 im letzten Stück in Velbert – Obere Flandersbach und der L 422 in Homberg  ausreichend, effektiver und kostengünstiger wäre, zumal damit etwa in Homberg der örtliche Verkehr und der Ver­kehr aus Wülfrath (Kalklaster) mit erfasst und die Ortsdurchfahrt durch geeignete Maßnah­men geschützt werden würde. Mit Ausnahme dieser beiden Stücke an Anfang und Ende ist die Landstraßenverbindung gut ausgebaut. Für beide Engpässe lagen Planungen vor, die wahrscheinlich wegen der A 44 nicht fortgesetzt bzw. realisiert worden sind.   

Als weitergehender Vorschlag wurde die Umwidmung dieser Landstraßenverbindung zur B 227 neu als Strecke Velbert – A 3  statt der bisherigen Führung durch Heiligenhaus unter­breitet, damit der Bund die Kosten trägt.

Wohl auch zugunsten der A 44 ist die Planung zumindest auf absehbare Zeit gescheitert, den Schienenverkehr auf der niederbergischen Bahn Hösel – Heiligenhaus – Velbert , eine mögliche Verbindung zwischen S 6 und S 9, zu reaktivieren. Die bestehende Trasse der stillgelegten Bahn liegt sehr günstig zu größeren Wohngebieten. Es gab eine Initia­tive um einen SPD-

Landtagsabgeordneten und Planungen eines Fachmanns. Auch der Düssel­dorfer Regierungspräsident hatte sich im Rahmen einer Circle-Linie positiv geäußert. Ohne diese Verbindung bleibt der  Raum Heiligenhaus/Velbert ohne Schienenanschluss.

 

2. Die Planung der A 44 sollte ursprünglich in 2 getrennten Planfeststellungsbeschlüssen erfol­gen.

Für den Abschnitt Velbert – Heiligenhaus erfolgte in den 80iger Jahren  der Planfeststel­lungs­­beschluss. Das Oberverwaltungsgericht  Münster hob diesen im Jahre 1990 auf.  Das Gericht bemängelte die fehlerhafte Abschnittsbildung, es sei nicht möglich, den Teil Velbert – Heili­gen­haus zu verwirklichen, ohne die Probleme im anschließenden Teilstück Heiligenhaus – Velbert gelöst zu haben. Beide Abschnitte gehörten zusammen. Der östliche Teil allein habe keinen eigenen Verkehrswert.

Daraufhin begann man mit einer neuen Planung, diesmal für die gesamte Strecke.

Schon 1994 wurde die jetzt gewählte Trasse im Variantenvergleich ausgewählt. Diese verläuft weitgehend auf der schon früher linienbestimmten § 16-Trasse. Verworfen wurde vor allem aus Kostengründen die von der Stadt Ratingen entwickelte Trasse II b. Diese Trasse hätte sich eng an die beiden Landstraße angelehnt (in Homberg durch einen Tunnel) Unter Umweltgesichtspunkten hätte diese Trasse erhebliche Vorteile gehabt, keine mittige Durch­schneidung der Freiflächen, keine Durchquerung der kritischen Bereiche des Wasserschutzes (siehe unten). Auch wäre so der LKW – Verkehr der Kalkwerke auf die Autobahn geleitet worden.

Erst im Jahre 2005 begann das Planfeststellungsverfahren.   Dazu wurde eine umfangreiche Stellungnahme der anerkannten Naturschutzverbände und der Bürgerinitiative gegen die A 44 vorgebracht, der sich etliche mit Grund und Boden betroffene Personen anschlossen.

Diese Stellungnahme deckte erhebliche Schwächen der Planfeststellungsunterlagen auf. So dauerte es nicht wie gesetzlich vorgesehen 3 Monate, sondern mehr als 1 Jahr, bis der Erör­te­rungstermin stattfand. 5 neue Gutachten mussten erstellt werden. Unter anderem wurden die erwarteten Verkehrsmengen erneut nach unten korrigiert.

Im Jahre 2007 erfolgte der Planfeststellungsbeschluss.

 Der Planfeststellungsbeschluss erging, ohne dass die Obere Wasserbehörde das wasserrechtliche Einvernehmen erteilt hatte. Der Straßenbau hatte sich für die Entwässerung auf eine von den Fachbehörden seit Jahrzehnten als viel zu hoch kritisierte Einleitungserlaubnis berufen. Bis heute liegt für die A44 kein wasserrechtliches Einvernehmen vor; dies ist aber Voraussetzung für die Inbetriebnahme der A44 – ganz oder in Teilen.

Gegen den Planfeststellungsbeschluss klagten mehrere Grundstücks- und Lärmbetroffene, vertreten von 2 verschiedenen Anwälten, vor dem zuständigen Bundesverwaltungsgericht.

Als Argumente gegen den Planfeststellungsbeschluss wurden  beispielsweise neben persönlichen Grün­den wie der Existenzgefährdung von Landwirten vorgebracht:

- Lärmbelastung  der AnwohnerInnen von Heiligenhaus – Süd  und Velbert – Obere Flandersbach

- Schadstoffbelastung in Heiligenhaus – Süd und Mitte, da die A 44 das Frischluftband durchschneidet

- Beeinträchtigung des Schutzes von Natur und Landschaft, da die beiden größten Freiflächen der Region mittig durchschnitten werden

- Verstöße gegen den Artenschutz, insbesondere in Bezug auf die Brutstätte des Steinkauzes

-  die Gefährdung des Trinkwasserschutzes. Die A 44 verläuft auf längerer Strecke durch die  vorläufig festgesetzte Trinkwasserschutzzone II des Wasserwerks Homberg.  Da das Trinkwasser aus Kalkschichten gewonnen wird und Verunreinigungen sehr schnell in das Grundwasser gelangen, bedarf es hier eines besonderen Schutzes. Hier sollen über eine längere Strecke Untergrund und Böschungen durch eine Folie vollständig abgedichtet werden.  Es wurde bezweifelt, ob diese Folie dicht halten würde. Der durch die Trinkwasserförderung verstärkte Wasserfluß im Kalk führt zu großräumigen Ausspülungen im Kalk, sogenannten Dolinen, die wiederum zu Sackungen und Einbrüchen an der Erdoberfläche führen können.

-  Die viel zu hohe (s.o.) Einleitungsmenge von 380 Litern pro Sekunde in einen Zufluß zur Anger rief die Städte Ratingen und Düsseldorf auf den Plan, die bei dieser Menge  Hochwasserschäden in Ratingen und Düsseldorf – Angermund fürchteten. Sie klagten gegen den Plan – obwohl  grundsätzlich Befürworter der A 44 – und stellten die Klage ruhend, bis mit Hilfe des Bergisch-Rheinischen- Wasserverban­des  rechtskräftig eine verträgliche Lösung entwickelt werden würde.   

Die Kläger hatten auch einen Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Dieser Antrag wurde nicht weiter verfolgt, da der Straßenbau zusicherte, bis zum Vorliegen einer Entscheidung in der Hauptsache keine Maßnahmen zu ergreifen.

In der mündlichen Verhandlung Anfang 2009 deutete das Gericht einen artenschutzrecht­lichen Fehler an, da die Fortpflanzungstätte des Steinkauzes im westlichen Abschnitt ver­nichtet würde. Über Nacht entwickelte der Straßenbau daraufhin eine sogenannte vor­ge­zo­gene Ausgleichsmaß­nahme, mit der dem Steinkauz eine Ersatzmöglichkeit einer Fortpflan­zungsstätte geschaffen werden sollte.

Im März  2009 wies das Bundesverwaltungsgericht bis auf eine die Klagen der Privatkläger ab. Die Argumente gegen den Bau wurden nicht als so gewichtig angesehen, dass die Planung der A 44 dadurch fehlerhaft wurde. Der eine Kläger siegte, weil durch die Anordnung  von Ausgleichsmaßnahmen, nicht durch die Auto­bahn selbst, dieser in seiner Existenz als Landwirt gefährdet.

Es wurden dabei auch Anforderungen für den Bau festgehalten, z.B. dass die Ausführungs­planung  der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn vorzulegen ist, um dieser eine ab­schließende Entscheidung zu ermöglichen, ob die Ausfüh­rungs­planung technisch geeignet ist und sich im Rahmen der Planfeststellung hält oder ob sie abgeändert werden muss. 

 

3. Im Frühjahr 2010 kurz vor der Landtagswahl erfolgte der symbolische Spatenstich.

Dann begann die Aufteilung in den Abschnitt östlich der L 156 Richtung Velbert und den Abschnitt  westlich L 156 Richtung Ratingen. Die Zweiteilung, die das OVG Münster 1990 bei der Planung verworfen hatte, fand jetzt  faktisch bei der Ausführung des Planfeststellungsbeschlusses statt.

Wohl weil die Untergrundverhältnisse im westlichen Teil – auch  weil man ja – angeblich – nichts vom Kalk im östlichen Abschnitt wusste -  schwieriger eingeschätzt wurden, im Westen eine Umplanung erforderlich war, um dem siegreichen Kläger gerecht zu werden, und weil die Einleitungsfrage der Straßenabwässer im westlichen Abschnitt noch nicht geklärt war, erfolgten Baumaßnahmen nur im als  leichter zu bauen angesehenen östlichen Abschnitt. Im westlichen Abschnitt fand bisher noch keine Baumaßnahme statt. Zu den Folgen einer unterschiedlichen Inbetriebnahme siehe unten.

 

4. Im östlichen Abschnitt erfolgten erste Rechtsverfahren, als der Straßenbau daran ging, die Flächen von Eigentümern für den Bau der Autobahn zu beanspruchen. Gegen die Besitzein­weisung wehrten sich die Betroffenen u.a. mit der Behauptung, wegen dem siegreichen Kläger sei der Planfeststellungsbeschluss nicht nur relativ  gegenüber dem  siegreichen Kläger rechtswidrig, sondern objektiv umfassend rechtswidrig. Es dürften keine Baumaßnahmen erfolgen, bis die Rechtswidrigkeit durch eine Planänderung beseitigt sei. Das Verwaltungsge­richt Düsseldorf sah eine nur relative Rechtswidrigkeit und lehnte Anträge auf die aufschie­bende Wirkung der Besitzeinweisung ab. Das Oberverwaltungsgericht Münster hingegen sah eine umfassende Rechtswidrigkeit. Auf eine Klage hin, sämtliche Maßnahmen des Auto­bahnbaus sofort einzustellen, entschied das Bundesverwaltungsgericht, es gäbe nur eine rela­tive Rechtswidrigkeit in Bezug auf den Kläger. Es konnte weiter gebaut werden.

Festzustellen waren beim Bau im östlichen Planungsbereich zahlreiche Abweichungen vom Planfeststellungsbeschluss:

-  Der Planfeststellungsbeschluss enthielt keine !!! Regelungen zur Errichtung von Andienungsstraßen,  zu Brückenpfeilern und Kompensationsflächen. In der Realität wurden insgesamt auf mehreren Kilometern  Andienungsstraßen angelegt, die nicht im Planfeststellungsbeschluss vorhanden waren, ohne eine Planänderung.

-  Die Ableitung des Regenwassers aus dem Regenrückhaltebecken Laubecker Bach wurde geändert.           

-  Standorte von Brückenpfeilern wurden geändert.

-  Die in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene Erklärung „ Die geprüften Ausführungsunterlagen sind der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn vorzulegen. Sollten Zweifel an der Durchführbarkeit in technischer und verfah­rensmäßiger Hinsicht bestehen, behält sich die Planfeststellungsbehörde eine ab­schließende Entscheidung vor“ wurde nur auf den westlichen Teilabschnitt bezogen, da es im Ost keinen Kalk gäbe – ein Irrtum, wie sich herausstellte (siehe unten).

Der BUND klagte vor dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag, diese vom Planfest­stellungsbeschluss abweichenden Maßnahmen zu unterlassen. Das Bundesverwaltungsgericht erklärte sich nur für den Planfeststellungsbeschluss selbst, nicht jedoch für die Einhaltung des Planfeststellungsbeschlusses für zuständig. Die Klage wurde an das Verwaltungsgericht Düs­seldorf verwiesen. Dieses lehnte die Klage des BUND ab, im Wesentlichen mit der Begrün­dung, ein Umweltverband habe kein Recht, die Befolgung eines Planfeststellungsbeschlusses zu erklagen.

Entgegen allen offiziell geäußerten Erwartungen sind die geologischen Verhältnisse auch im östlichen Abschnitt sehr problematisch. Wie aus den Karten des Geologischen Landesamtes zu ersehen und angesichts der Tatsache, dass die Trasse der A44 im Heiligenhauser Süden unmittelbar an ein bis vor einigen Jahren offiziell ausgewiesenes Kalkabbaugebiet angrenzt, zu vermuten, wurden auch im östlichen Abschnitt Kalkzüge angetroffen. Sie führten zu erheblichen Problemen. Es wurden aufwendigste Fundamentierungen speziell bei Brücken­bau­werken notwendig, die  zu erheb­lichen Kostensteigerungen führen werden.

Dies ist bei der Ausschreibung zur Brücke Laubecker Bach deutlich geworden. Eine her­kömm­­liche, der Kostenberechnung für die A 44 noch zugrunde gelegte Flachgründung ver­bietet sich,  weil nach den Feststellungen des Baugrund-Gutachters das  Risiko  eines Tages­bruches zu groß ist. Erforderlich ist vielmehr eine Bohrpfahlgründung, bei der  118 Bohrpfäh­le eingebracht werden müssen, damit das Gewicht der Talbrücke getragen werden kann. Um dies zu ermöglichen,  wurde mit großem Aufwand an allen 118 Stellen die  Be­schaf­fenheit des Bodens in einer Tiefe bis  zu 20 Metern erkundet. Bei  der nun durchgeführ­ten Brü­cken­bau­­weise wird vorerst auf eine Ertüchtigung durch Beton verzichtet. Sollte sich heraus­stellen, dass dies nicht ausreichend ist, besteht aber die Möglichkeit einer Nachverdich­tung durch Ver­füllung aller Hohlräume mit Beton.

Ein Bau der Brücke mit der gewählten Methode ohne automatische Ertüchtigung durch Beton erfordert über das normale Maß hinaus ein sehr fachkundiges spezialisiertes Bauteam und erfor­dert eine laufende

Überprüfung während des Baus, die mit hohem logistischem Aufwand und Zeitaufwand verbunden ist. Fehlt es an dieser kostenträchtigen Sorgfalt, drohen trotz des aufwändigen Verfahrens bauwerksgefährdende Setzungen.

Mit dem Bau der Brücke ist gerade begonnen worden. Laut Presseberichten wird von einer Bauzeit von 2 Jahren ausgegangen..

Der östliche Abschnitt soll im Jahre 2016/2017 unter Verkehr gehen.

Die hinsichtlich des Verkehrs offensichtliche Notwendigkeit, beide Abschnitte als Einheit zu sehen und nur gemeinsam in Betrieb zu nehmen, zeigt sich auch im Themenfeld Entwässerung. Gemäß Planfeststellung soll der letzte Teil des östlichen Abschnittes zusammen mit dem angrenzenden Bereich des westlichen Abschnittes in ein Rückhaltebecken im Angertal mit Leitungsführung über die Angertalbrücke, die größte Brücke des gesamten Vorhabens, entwässert werden. Weder Brücke noch Rückhaltebecken sind im Bau geschweige denn fertig. Nach Angaben bei einem Gespräch im Verkehrsministerium soll diese Problematik nun dadurch gelöst werden, dass man den östlichen Abschnitt um den letzten Teil kappt und nur bis zur Wasserscheide in Betrieb nimmt.

 

5. Im westlichen Abschnitt  unternahm die Planfeststellungsbehörde Anstrengungen, um die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses gegenüber dem einen Kläger zu beseitigen. Ein neues Ausgleichskonzept mit dem Deckblatt 6 wurde entwickelt und plangenehmigt. Dagegen klagte der Naturschutzbund NABU vor allem mit der Begrün­dung, die erst in der mündlichen Verhandlung 2009 entwickelte vorgezogene Aus­gleichs­maßnahme  zugunsten des Steinkauzes werde unvertretbar und damit fehlerhaft ver­schlech­tert. Außerdem würden die Ansprüche von Offenlandarten wie des Kibitzes nicht ausreichend berücksichtigt. Der Straßenbau brachte zunächst das Verfahren zur Ruhe und zog die Plangenehmigung später ganz zurück. Er hatte eine UVP – Vorprüfung unterlassen.

Der Straßenbau erließ eine neue Plangenehmigung 6.1 – ohne UVP auf Grundlage einer UVP-Vorprüfung. Inhaltlich unterschied sich Deckblatt 6.1 nur gering von Deckblatt 6. Der NABU klagte erneut und stellte einen erneuten Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung. sofortige Vollziehbarkeit zog der Straßenbau selbst zurück, da er ja im Westen vorerst nicht bauen will.

Im Jahre 2014 lehnte das Bundesverwaltungsgericht die Klage des NABU ab. Nach der mündlichen Verhandlung war nicht unbedingt damit zu rechnen gewesen. Möglicherweise entscheidend war in diesem Zusammenhang,  dass der Sturm ELA die bestehende Fortpflanzungsstätte des Steinkauzes beseitigt hatte.

Im westlichen Abschnitt wurde vor allem auf Grund der Klagen der Städte Düsseldorf und Ratingen (siehe oben)  nach einer neuen Möglichkeit gesucht, eine verträgliche Regenrückhaltung zu finden. Sie sollte nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden sein. Als Standort ausgewählt wurde der nordwestliche Quadrant des Autobahnkreuzes Ratingen – Ost. Es erfolgte eine Plangenehmigung, mit der dort eine Rückhaltung erfolgen sollte, mit der eine  Einleitung von ca. 64 Litern pro Sekunde ermöglicht werden sollte. Eine Planfeststellung mit Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgte  nicht.

Gegen die Plangenehmigung klagte der BUND. Er hielt die vorgeschlagene Lösung eines Erdbeckens als Rückhalteraum in der  zukünftigen Wasserschutzzone II  für ungeeignet, das Ratinger Trinkwasser würde gefährdet werden. Außerdem werde der dort vorhandene Bach mit Quelle nicht ausreichend  berücksichtigt.

Das Bundesverwaltungsgericht gab Ende 2012 der Klage statt und erklärte die Plangeneh­migung für rechtswidrig. Das dafür erteilte wasserwirtschaftliche Einvernehmen wurde aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht  begründete die Entscheidung mit dem Unter­lassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund einer fehlerhaften Vorprüfung. Die Planung werfe weiterhin zahlreiche Umweltprobleme auf, die im Rahmen einer UVP hätten geklärt werden müssen.        

Derzeit läuft nach einem Vergleich von 5 Varianten ein neues Planfeststellungsverfahren –  für einen neuen Standort. Bis zum 30. März 2015 bestand die Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Die gewählte Variante V liegt außerhalb der vorläufigen Wasserschutzzone II südwestlich des Autobahnkreuzes Ratingen – Ost an der Landstraße L 422. Dazu  wird eine derzeit dort bestehende Anhöhe abgetragen.

Die geplante Beckenanlage soll im Zusammenspiel mit einer schon bestehenden Regen­wasser­rückhaltung (SAL) ein hundertjähriges Hochwasser speichern können. Die Einlei­tungsmenge in den Homberger Bach soll  68 Liter pro Sekunde  betragen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die seinerzeitige Lösung im nordwestlichen Quadranten schnell verworfen wurde.

Schon jetzt lassen sich insbesondere 3 Probleme benennen:

-  Es ist fraglich, ob die Unterlagen der Umweltverträglichkeitsprüfung ausreichend erstellt und ausgelegt worden sind

-  Zwar soll das Becken ein  hundertjähriges Hochwasser aufnehmen können, die dahin führenden Kanalisationsleitungen sind aber nur auf  ein, drei – und fünfjähriges Hochwasser ausgerichtet. Was passiert bei einem mehr- bis hundertjährigen Hochwasser mit dem Wasser?       

- Es ist fraglich, ob die angegebene Speicherleistung der Rückhaltungen ausreicht, ein hunderjähriges Hochwasser zu bewältigen.

- Liegt eine ausreichende Grundlage für eine wasserrechtliche Erlaubnis vor?

Anfang des Jahres wurden  im westlichen Abschnitt die Probe­bohrungen zur Erkundung des Untergrundes abgeschlossen. Insbesondere geht es darum, nähere Informationen über die konkrete Lage des Kalkvorkommens zu bekommen.

Der Zeitung war zu entnehmen, dass Probebohrungen unmittelbar neben einer Reitsportanlage mit sehr wertvollen Reitpferden dazu geführt haben, dass die Eigentümerin das Gestüt aufgab. Obwohl ihr Betrieb durch die Nähe zur Autobahn und den Landverlust gerichtlich anerkannt keine hinreichende Existenzgrundlage mehr hatte, wurde ihr kein Ersatzstandort genehmigt. Die schnelle Betriebsaufgabe wurde nötig, da. die Bohrungen im unmittelbaren Umfeld von Stall und Reithalle angesichts der hochgezüchteten Pferde zu unbeherrschbaren, durch Versicherungen nicht gedeckte Gefährdungslagen geführt hätten. Hinweisen zufolge soll man bei den Bohrungen auf größere Hohlräume gestoßen sein.

Ausgeschrieben wurde der Bau der Brücke über die A 3 beim Autobahnkreuz Ratingen – Ost. Dabei sollen bestehende Brückenrampen abgerissen und neu gebaut sowie die fehlenden errichtet werden.

Dazu bedarf es nach Ansicht des Straßenbaus für das Kreuz selbst keines neuen Genehmi­gungs­verfahrens, da die erforderlichen baulichen  Maßnahmen schon Gegenstand des Plan­feststellungsbeschlusses 2007 gewesen seien

Dem Ausbau liegt eine sechsspurige Autobahn A 3 zugrunde. Der für den Bundesverkehrs­wegeplan angemeldete Ausbau  der A 3 auf 8 Spuren wurde nicht berücksichtigt. 

 

6. Der unterschiedliche Angang/Beginn des östlichen und  des westlichen Teilabschnittes wird dazu führen, dass der Bau des östlichen Abschnittes früher als der westliche Abschnitt fertig gestellt sein wird. Würdet, wie von Straßen NRW angekündigt der östliche Abschnitt dann voraussichtlich in  2016/2017 unter Verkehr gehen, würde dies dazu führen, dass bis zum Abschluss des Baus des westlichen Abschnittes  der Autobahnverkehr an der Anschlussstelle Heiligenhaus (Grüner Jäger) endet. Im Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und demografische Entwicklung (STUMA) der Stadt Ratingen gab die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES), die nunmehr für den Bau des westlichen Teilabschnittes zuständig ist, die Bauzeit für den westlichen Teil mit 2,5 Jahren, bis zum Jahre 2018,  an. Für die Ausschussmitglieder war nicht nachzuvollziehen, warum die schwierigeren Bauarbeiten im westlichen Abschnitt so viel schneller als die Bauarbeiten im östlichen Bauabschnitt mit angegebenen 6 bis 7 Jahren möglich sein sollen. Bei einem Gespräch im Verkehrsministerium wurde deutlich, dass dieses großes Vertrauen in die Kompetenz der DEGES hat.

Der Verkehr fließt in dieser Zeit  entweder Richtung Süden durch Hofermühle und Homberg zur A 3 oder Richtung Norden durch Hösel zur A 3 ab.

Dies könnte zu einer erheblichen Belastung  der dort wohnenden Bevölkerung infolge von Mehrverkehr  führen. Zu fragen ist beispielsweise, wie die enge Ortsdurchfahrt Hofermühle einen Mehrverkehr verkraften soll. Auch  die anderen Ortsdurchfahrten sind jetzt schon sehr belastet.

Der Straßenbau sieht das Problem nicht. Es werde nicht mehr Verkehr fließen. Es werde nur der bestehende Verkehr von  aus der Heiligenhaus Innenstadt auf die A 44 verlagert. Im Ratinger Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und demografische Entwicklung (STUMA)  erklärt der Landesbe­trieb Straßenbau, man habe gutachterlich festgestellt, dass die Verkehrszunahme in Homberg nur 2 Prozent betragen werde. (Diese Meinung, der Verkehr werde nur minimal zunehmen, wurde auch in einem Gespräch beim Verkehrsministerium von dort vertreten.) Dies überzeugte etliche Ausschussmitglieder im STUMA nicht. Man bat um Überlassung des Gutachtens, um es kritisch prüfen zu können. Man befürchtete weiterhin  Mehrverkehr.

Eine von der Stadt Heiligenhaus in Auftrag gegebene Verkehrsprognose sieht eine Verkehrs­zunahme um 40 Prozent für den Richtung Westen stadtauswärts fahrenden Verkehr, selbst nach Fertigstellung der gesamten A 44 vor. Dies spricht für eine erhebliche Verkehrszunahme

Ob und wann ein Weiterbau Richtung Westen realisiert wird, hängt  davon ab:

-   vor allem auf welche Schwierigkeiten  man bei der Bauausführung angesichts der geologischen Verhältnisse stoßen wird

-   aber auch davon, wie es mit der Beckenanlage im Bereich des Autobahnkreuzes weitergeht. Wird keine akzeptable Lösung gefunden, so dass gegen einen Planfeststellungs­beschluss geklagt wird,  bleibt abzuwarten, ob der Straßenbau das Risiko eingeht, dennoch mit dem Bau zu beginnen. 

 

7. Die Entscheidung, die A44 in den vordringlichen Bedarf aufzunehmen, beruhte auf einer Kostenschätzung von 120 Mill. Kurz nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes   nannte der Straßenbau dann plötzlich 222 Millionen Euro. Auch damit wird man bei weitem nicht auskommen. Die Mehrkosten für die aufwendigen Baumaßnahmen insbesondere bei den Brücken und  die Beckenanlage im Bereich des Autobahnkreuzes Ratingen –Ost werden die Kosten weiter in die Höhe treiben.  Hinzu kommen noch die Kosten für Zufahrts- und Andienungsstraßen, die auch im westlichen Abschnitt nicht vorgesehen, aber notwendig sind.

Wäre diese Kosten beim Bundesverkehrswegeplan bekannt gewesen, ist sehr fraglich, ob  die A 44 seinerzeit wegen des schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnisses  in den vordringlichen Bedarf aufge­nommen worden wäre.  Es ist bezeichnet, dass von Seiten des Verkehrs­ministerium erklärt worden sein soll, mit dem heutigen Wissen hätte man die A44 nie begonnen.

Seitdem ist das Dilemma der maroden Infrastruktur, insbesondere von zahlreichen zentralen Autobahnbrücken, die nicht dauerhaft instand gesetzt, sondern neu gebaut werden müssen, noch wesentlich deutlicher geworden.

Die Finanzierungslücke für den Erhalt der bestehenden Infrastruktur wächst weiter.

 

Jürgen Lindemann

 

 

 

 

 

 

 

 

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